Buchumschlag „Frei: Erwachsenwerden am Ende der Geschichte”

Frei: Erwachsenwerden am Ende der Geschichte

VonLea Ypi
SpracheDeutsch
Erschienen2022
VerlagSuhrkamp Verlag
Umfang332
ISBN-13978-3518430347
RegionenAlbanien und Balkan

Ein auto­bio­gra­fi­scher Be­richt über das En­de des so­zia­lis­ti­schen Al­ban­ien aus der Sicht ei­nes Kin­des.

Lea Ypi beschreibt ihre Kindheit Ende der 80er Jahre in Albanien, wo sie mit ihrer Familie in der Hafenstadt Durrës lebt. Für den Teenager ist die Welt in Ordnung: Albanien ist das einzige sozialistische Land der Welt und das einzige, dessen Bürger:innen in Freiheit leben und das Anstehen für Lebensmittel als selbstverständlich empfinden. Erwachsene studieren viele Jahre „Ökonomie“ oder anderes. Das Mädchen will unbedingt ein Foto des verstorbenen KP-Chefs Enver Hoxha auf den Fernseher stellen, was seine Eltern so lange hinauszögern, bis das Kind sich bei Nachbarn lautstark darüber wundert. Deren erschrockene Reaktion und das Verbot, das Thema jemals wieder zu erwähnen, versteht es nicht.

The reason for the falling-out was a Coca Cola can. One day in mid-June, my mother had bought an empty can from another teacher in her school, for the equivalent of what you would shell out for a painting of our national hero Skanderbeg in the tourist shop. She spent the afternoon deliberating with my grandmother where to put it, and since it was empty, whether to adorn it with a fresh rose from the garden. They had decided that though the rose was an original idea, it would distract from the aesthetic value of the can, and so they had left it bare, on top of our best embroidered cloth.

Als um 1989 auch in Albanien der Sozialismus zusammenbricht, ändert sich Ypis Sicht auf die Welt schmerzhaft. Sie erfährt, dass „Studium“ ein Code für Gefängnis war und die Studienrichtung für die Haftdauer stand. So versteht sie auch, in welche Gefahr sie ihre Eltern mit der Geschichte über das nicht aufgestellte Hoxha-Bild brachte. Um sie herum sprechen die Erwachsenen von „Freiheit“ und davon, wie viel besser alles nun sei. Zwar müssen sie nicht mehr für Lebensmittel anstehen, doch können sie sich viele nicht mehr leisten.

Aus Ypis Sicht hat sich durch das Ende des Sozialismus nichts Wesentliches geändert: Früher hatte man nichts, weil man arm war. Heute ist man arm, weil das Geld fehlt.

Zusammen mit Ismael Kadares „Chronik in Stein“ zeichnet Ypis Buch ein aufschlussreiches Bild von Albanien zu zwei entscheidenden Momenten seiner Geschichte.