Felsen von sigiriya

Sri Lankas letzte Königsstädte Sigiriya und Kandy

8.3.2018

Von Polonnaruwa ging es per Bus weiter. Diesmal schaffte es unser Tuk-Tuk gar nicht erst bis zum Busbahnhof: Da der richtige Bus entgegenkam, begann unser Fahrer kurzerhand ein intensives Hupkonzert. Der Bus hielt, wir stiegen in Rekordgeschwindigkeit um und waren anderthalb Stunden später am Ziel Dambulla. Das liegt relativ nahe an dem Touristen-„Muss“ Sigiriya und sollte etwas lebhafter als jenes sein.

War es dann auch, aber eher auf die unangenehme Art. Die Hauptstraße mitten durch den Ort war nicht nur im Stadtzentrum verstopft, sondern auch in der Umgebung des lokalen Großmarkts. Also eigentlich überall. Und unser Hotel lag so weit außerhalb, dass wir keine Lust spürten, am Straßenrand ins Stadtzentrum zu latschen. War auch nicht nötig, denn an Ort und Stelle gab es lecker Büffet und eine Bar am Pool mit Cocktails samt reizendem britischen Barkeeper.

Kopf eines liegenden Buddha. Cave-Tempel Dambulla
Effektvoll beleuchtet, wirkt sogar der x-te Buddha-Kopf wieder interessant.
Gelber und schwarzer Buddha, Fresco im Cave Temple von Dambulla
Eins der Fresken im Höhlentempel von Dambulla zeigt einen schwarzen Buddha.

Effektvoll beleuchtete Fresken in der Höhle

Direkt hinter der Unterkunft lag ein Berg mit Höhlentempel. Hört sich nicht so reizvoll an (klettern bei über 30 Grad, und schon wieder Tempel?). Die Anstrengung lohnte sich aber. Weniger, weil in den Höhlen zig Buddha-Statuen rumstanden und -lagen. Von denen gibt es ja prinzipiell nur sieben Versionen (sitzend, stehend, liegend, verschiedene Handhaltungen). Vielleicht war das den Höhlenmönchen auch etwas langweilig geworden, jedenfalls hatten sie die Decken und Wände fast vollständig ausgemalt. Zur Sicherheit auch mit Buddhabildern, viel hilft viel. Aber daneben gab es Alltagsszenen, entzückende Gegenüberstellungen des Lebens in Hölle und Paradies (oder wie immer das dort heißt), Zeichnungen von Würdenträgern und so weiter. Alles effektvoll beleuchtet. Und dank des kühlen Fußbodens in der Höhle konnten die verweichlichten Touristen in Ruhe herumgucken, ohne Gefahr für ihre Fußsohlen.

Je größer und goldener, desto besser: goldene Buddha-Statue auf dem Buddhism Museum."
Viel Größe und viel Glanz hilft viel – auch bei Buddhisten. Hier der „Golden Temple“ in Dambulla

Am Fuß des Berges thronte – viel Glanz hilft auch viel – ein riesiger güldener Buddha auf dem „Bhuddism Museum“. So ziemlich das überflüssigste jemals besuchte Museum: Ein Saal mit Statuen des Religionsstifters, alle irgendwie teuer (Gold, Edelsteine) und mit dem Namen des Spenders versehen. Einige waren noch „reserviert“ für Kambodscha, Malaysia und Vietnam. Was immer das bedeuten soll. Im zweiten Saal hatte man sich die Beleuchtung ebenso gespart wie das Staubwischen. Dadurch war kaum zu erkennen, was in den seit langem nicht mehr geputzten Vitrinen hätte zu sehen gewesen sein sollen. Irgendwas Heiliges vermutlich. Erklärungen gab es auch nicht, so dass wir wenigstens nicht wissen, was wir nicht sahen.

Kaum aus dem Museum raus- und an der Poolbar angekommen, begann der Regen. Jetzt nicht so ein Geniesel wie in Norddeutschland oder ein kräftiger Landregen. Sondern mehr Sintflut, Ende der Welt. Zwanzig Minuten lang, und dann tat der Himmel wieder so, als könne er kein Wässerchen trüben.

Vertrauen ist die Basis von allem

Am nächsten Morgen sollte uns der Tuk-Tuk-Fahrer vom Vortag abholen und nach Sigiriya fahren. Das Dreirad war auch pünktlich da, nur der Fahrer ein anderer. Ohne Erklärung, aber durchaus bereit für die Tour. Am Ziel vereinbarten wir eine Abholzeit und wutsch war er wieder weg. Ohne auch nur nach dem Geld für die Hinfahrt gefragt zu haben. Asien ist selbst nach dem xten Besuch immer wieder neu erfrischend unkompliziert.

Sigiriya war mal Königsstadt und wegen Klöstern, Tempel und so heilig. Letzteres ist es jetzt nicht mehr, weshalb man seine Schuhe anbehalten und auch Shorts tragen darf. Vermutlich ist das weniger eine religiöse als eine pragmatische Entscheidung: Besucher müssen dort über 1000 Stufen erklimmen. Darauf würden viele wohl verzichten, müssten sie das auf Socken oder barfuß und mit einem Sarong oder in langen Hosen tun. Und das wäre ja schade, denn Ausländer berappen 25 US-Dollar Eintritt.

Besucher des Palastes von Sigiriya winden sich in einer langen Schlange hinan und hinab.
Zum ehemaligen Palast auf dem Felsen von Sigiriya geht es mehr als 1000 Stufen hoch im Gänsemarsch.

Der Ort erinnert an das griechische Matera. Aus einer flachen Landschaft ragen einzelne Felsen auf, die kaum besteigbar aussehen. Auf einem davon hat ein unartiger König im 5. Jahrhundert nC seinen Palast gebaut. Nachdem er seinen Vater ermordet hatte, um auf dessen Thron zu gelangen, war es ihm in der Ebene nicht mehr sicher genug. Half aber alles nichts, sein Halbbruder und rechtmäßiger Thronfolger besiegte ihn trotzdem.

Wolkenmädchen mit zu vielen Nippeln

Oben auf dem Felsen stehen noch die Grundmauern des Palastes und ein ehemaliges Schwimmbad. Der eigentliche Höhepunkt sind aber die „Wolkenmädchen“ auf dem Weg dorthin. Diese Fresken in einer geschützten Galerie zeigen in lebhaften Farben barbusige Damen. Sehr realistisch, sehr große Brüste. Und schon mal restauriert. Der dafür zuständige Künstler malte einigen Damen neue Nippel, damit ihr Busen aufrechter wirke. Allerdings sind die ursprünglichen Brustwarzen noch zu sehen, was einen etwas surrealen Effekt produziert. Für die Fresken gilt ein strenges Fotografierverbot, dessen Umgehung mit Beschlagnahme der Kamera und hohen Geldstrafen geahndet wird. Aber das Web zeigt die Wolkenmädchen durchaus.

Zwei Wolkenmädchen, Fresco im Felsen von Sigiriya
Eins der Fresken in Sigiriya zeigt die Göttin Tara.

Auf- und Abstieg in Sigiriya vollziehen sich in einer endlosen Schlange, deren langsamster Teilnehmer das Tempo vorgibt. Schilderungen in Reiseführern oder online, die von „drei Stunden“ Aufstieg sprechen, übertreiben trotzdem maßlos. Wir brauchten 30 Minuten bis oben, trotz (noch) älterer Leute und verpeilter Schulkinder vor uns. Und wie es sich gehört, wartete der Regen, bis wir wieder unten und aus dem angeschlossenen Museum raus waren. Wie erwartet, trudelte unser Tuk-Tuk-Fahrer zur vereinbarten Zeit ein und knatterte uns im strömenden Regen zurück.

Wo alles immer irgendwie klappt

Wieder ein Beleg für das Mantra in Südostasien: „Alles klappt“. Und zwar immer. Vereinbarte Preise gelten ebenso wie vereinbarte Zeiten. Man sitzt immer im richtigen Bus, der Schaffner kümmert sich darum, dass man den Ausstieg nicht verpasst. Reisen ist nach unserer Erfahrung nirgendwo so unkompliziert und angenehm, wozu hier in Sri Lanka das häufige Lächeln besonders beiträgt. Hinsichtlich des Verkehrs muss man allerdings einen robusten Optimismus entwickeln, damit man nicht von einem in den nächsten Angstzustand fällt.

Eine zweispurige Straße können durchaus vier Fahrzeugen nebeneinander befahren, sind mindestens zwei davon Tuk-Tuks oder noch schmalere Vehikel. Reicht die Asphaltfläche nicht für alle, muss sich der Schwächere auf den sandigen Rand verdrücken. „Schwächer“ ist dabei nicht an der Größe zu messen: Bus geht vor Tuk-Tuk, klar. Aber SUV geht vor Bus und Laster, jedenfalls nach unserer Beobachtung. Und gänzlich unerwartet bleiben alle Fahrzeuge an Zebrastreifen stehen. Zumindest für Touristen, Einheimische erfahren weniger Rücksichtnahme.

Fahrkarte für den A/C-Bus nach Kandy Am Besten hätten wir für die knapp 70 Kilometer von Dambulla nach Kandy einen normalen Linienbus genommen. Aber hinterher ist man immer klüger. So ließen wir uns auf das versprochene klimatisierte Fahrzeug ein. Das entpuppte sich schnell als Kleinbus mit rund 25 „Plätzen“. Ausgelegt für schmalhüftige und -schultrige Asiat:innen, nicht für unsereinen. Von den vorhandenen Sitzen waren 24 schon benutzt, sodass wir mehr recht als schlecht auf Notsitzen landeten. Der Minibus brauchte mit drei Stunden genauso lange wie der reguläre Bus, war dafür aber deutlich unbequemer und mit 1,50 € doppelt so teuer. Und das Ticket war auch nicht hübscher, obwohl manuell ausgefüllt.

Das heiligste aller Heiligtümer

Kandy hat 10 von 10 möglichen Punkten auf der hiesigen Heiligkeitsskala, weil es einen Originalzahn des Buddha verwahrt. Also eine wirkliche Reliquie, nicht einer dieser „Fußabdrücke“, die der Herr in ganz Asien angeblich hinterlassen hat. Einer seiner Anhänger hatte das Beißerchen angeblich aus der Asche des frisch verbrannten toten Buddha gepult. Nach zig Tempeln vorher war unser Interesse daran weniger ausgeprägt, was hunderte Pilger Tag für Tag kompensierten.

Beweis für ein Wunder: Nach längerem Anbeten von Buddhas Zahn während einer Trockenzeit regnete es.
Dieses Gemälde belegt laut der Erklärung darunter ein Wunder, veranlasst durch das intensive Anbeten von Buddhas Zahn: Nach langer Trockenzeit setzte der Regen ein.

Es gibt auch nicht viel zu sagen, war halt ein Tempel, war voll, es wurde gebetet. Dahinter lag ein Museum, um das man einfach einen Bogen machen kann, weil es entweder keine oder überflüssige Beschriftungen gibt. Dort befindet sich auch eine Kopie der Erklärung, mit der Ceylon sich Mitte des 19. Jahrhunderts komplett den Briten unterwarf. Kandy war die letzte Bastion des hiesigen Königreichs und hatte den Kolonisatoren immerhin ein paar Jahrhunderte widerstanden. Die Könige hielten sich immer da auf, wo auch der heilige Zahn verwahrt wurde. Und der zog von Anurdhapura über Polonnaruwa und Sigiriya schließlich nach Kandy.

Als unerwartet lohnenswert entpuppte sich das außerhalb des heiligen Bezirks gelegene „National Museum of Kandy“ in einem unscheinbaren Gebäude. Da kaum jemand hingeht, muss man sich den Weg zu den Exponaten nicht durch schnatternde Schulklassen freischaufeln. Statt der sonst mit immer denselben Stücken vollgestopften Vitrinen stehen hier einzelne, gut erklärte Exemplare lokaler Kunst und historischer Alltagstechnik.

Blick über den See von Kandy nach Süden
In Blickrichtung hinter dem See liegt die Durchgangsstraße, durch die sich der gesamte Verkehr in Kandy quälen muss.

Moderne Alltagstechnik bestimmt Kandy auf Schritt und Tritt. Weniger positiv formuliert: Die Stadt erstickt am Verkehr. Sie liegt in einem Talkessel um einen See herum, an dem zu zwei Dritteln eine Straße entlang führt. Das letzte Drittel ist seit einem Bombenanschlag auf den Zahntempel gesperrt, sodass der gesamte Verkehr in und durch Kandy sich durch dasselbe Straßenstück quält. Ein halber Tag dort, und die Frage nach Fahrverboten nicht nur für Dieselfahrzeuge ist beantwortet.

Reihe von Häusern aus der Kolonialzeit, Kandy
Häuser aus der Kolonialzeit in Kandy, die hinter den Tuk-Tuks allerdings ziemlich verrottet aussehen.
Damen im Vogelkostüm tanzen den „Kandy Dance“, Trommler im Hintergrund
Die Damen vorne tanzten irgendetwas mit Vögeln.

Überbewerteter touristischer Höhepunkt

Trotzdem gilt der Ort als einer der touristischen Höhepunkte Sri Lankas, aber das Warum hat sich uns nicht erschlossen. Es gibt ein paar hübsche Häuser aus der Kolonialzeit und einige, die nur noch aus Gewohnheit aufrecht stehen. Im Erdgeschoss des historischen Royal Hotel weigert sich blasiertes Personal, Orangensaft zu servieren – „unten nur Alkohol“. Außerdem muss man in der Stadt den „Kandy Dance”; angucken. Dabei steht im Hintergrund der Bühne ein Orchester aus fünf Trommeln und einer Tröte (heißt anders, quietscht sehr). Im Vordergrund tanzen entweder Damen in Kostümen oder Herren vollführen akrobatische Übungen. Nicht unsers.

Verbogene Araukarien, Botanischer Garten Kandy
Im Botanischen Garten von Kandy tanzen die Araukarien. Das ist sonst nicht so ihre Art.

Echter Höhepunkt für uns war der riesige Botanische Garten etwas außerhalb. Tatsächlich einer der besten jemals gesehenen, was Sortierung und Beschriftung angeht. Man kann sich dort locker ein paar Stunden aufhalten, weitab von Verkehrslärm und Gestank. Hin kommt man mit dem Tuk-Tuk für 600 Rupien. Zurück sollte es 1200 kosten, sodass wir diesem Fahrer einen virtuellen Vogel zeigten und kurzerhand einen der Stadtbusse nahmen, für 50 Rupien. Sogar angenehmer als im Dreirad, weil man höher und damit nicht ständig in den Abgasen sitzt.

Rot-weiße Moschee in Kandy von außen
Diese Moschee steht mitten in der Innenstadt von Kandy, nicht weit vom Hindu-Tempel unten.

Hindu-Tempel in Kandy Neben dem buddhistischen Zahntempel buhlen in Kandy etliche Kirchen, Hindu-Tempel und Moscheen um Gläubige. Man könnte folglich versucht sein, so etwas wie friedliches Zusammenleben dieser Religionen zu vermuten. Wäre schön, ist aber nicht so: Am Ende unseres Aufenthalts dort fackelte ein buddhistischer Mob mehrere Moscheen, „muslimische“ Geschäfte und Wohnhäuser in einem Dorf in der Nähe ab. Anlass oder Vorwand war ein Streit zwischen Autofahrern. Direkt bekamen wir davon nix mit, erst am nächsten Tag schrieb Al Jazeera darüber. Inzwischen brachte Global Voices eine sehr ausführliche Zusammenfassung (auf Englisch), und die Regierung hat den Ausnahmezustand verhängt. Von dem zumindest wir nichts merken. Lehrreich jedenfalls für alle, die sogar nach der Verfolgung und Vertreibung der muslimischen Rohingya in Myanmar noch glauben, Buddhismus wäre eine irgendwie bessere Religion.

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