Mammut bonsai im kaiserpalast hue

Tote Kaiser und tote Oma in Hue

17.3.2015

Von Hoi An brachte uns der Zug nach Hue. Das sind rund 100 Kilometer, die der Schnellzug zweieinhalb Stunden bewältigt. Vier Stunden dauert es mit dem Bummelzug, für den das Hotel uns Karten besorgt hatte, weil der schnelle ausgebucht sein sollte. Wir waren wie üblich viel zu früh am Bahnhof und hatten gar kein Problem, noch Billetts für den schnelleren Zug zu bekommen. Bei allem Service und Engagement von Hotel oder Reisebüro schadet es also nicht, sich selbst zu kümmern, wenn das möglich ist. Der Zug jedenfalls soll, sagen die Reiseführer, das atemberaubendste Erlebnis hierzulande sein was Landschaft und Aussicht angeht. Mag sein, aber dafür müsste man einen Waggon mit geputzten Fenstern erwischen. Hatten wir nicht, und was es zu sehen gab, war auch nicht so umwerfend. Zwischen den Waggons wechseln geht nicht, weil die Türen verschlossen sind. Macht aber nix, man muss ja die Verkehrsmittel ausprobieren. Hier wurde ein mobiler Speisewagen zwischen den Reihen durchgeschoben. Man hätte sich da eine warme Mahlzeit kaufen können, aber so weit gingen Hunger und Experimentierfreude nicht.

Lokomotive vor dem Bahnhof von Da Nang
Das hier ist nur ein Ausstellungsstück vor dem Bahnhof von Da Nang, die vietnamesischen Züge werden von Dieselloks gezogen.

Kaiserpalast am Parfüm-Fluss

Hue liegt am Parfümfluss und war der letzte Sitz der hiesigen Kaiser. Woher das Gewässer seinen Namen hat, lässt sich heute nur noch erahnen – das einzige, was manchmal ein bisschen durch die Abgase duftet, sind die Blüten großer Bäume am Ufer. Die Herrscher müssen einen üppigen Minderwertigkeitskomplex gepflegt haben, denn sie eiferten dem jahrhundertelangen Besatzer China in allem nach – im 19. Jahrhundert. Während sich also in China die Monarchie dem Ende näherte, erfand man in Vietnam ein aufwendiges Hofzeremoniell inklusive Mandarinen (die Menschen, nicht die Zitrusfrüchte), Haupt- und Nebenfrauen sowie Konkubinen, Eunuchen und sinnlosen Gelagen: Der Kaiser ließ sich Mittagessen aus über 50 Gängen auftischen, von denen er natürlich nur den kleinsten Teil verzehren konnte. Eunuchen wurden übrigens nicht durch medizinische Eingriffe produziert, sondern man beschäftigte Menschen „mit unklarem Geschlecht“, wie es in der Ausstellung hieß.

Der Kaiserpalast in Hue
Für den Kaiser von Vietnam durfte es gerne etwas etwas größer sein.

Im Kaiserpalast wurde eine „Geheime Stadt“ gebaut, getreu dem Pekinger Vorbild. Das ganze Ensemble war von einer Wallanlage mit Bastionen umgeben, die heute noch zu erkennen ist. Was man von dem Palast und der geheimen Stadt nicht sagen kann: Ein Großteil wurde im Krieg zerstört. Seit einigen Jahren bauen die Vietnamesen die Gebäude wieder auf, sodass man jetzt schon mehr sehen kann als die Reiseführer ankündigen. Es fehlt leider noch an Erklärungen; wir hatten gelegentlich Glück und konnten bei einer Reisegruppe mithören. Außerdem gab es eine kleine Fotoausstellung, die verschiedene Aspekte des höfischen Lebens erläuterte.

Ein Paar lässt sich im Kaiserpalast von Hue für seine Hochzeit fotografieren
In den wiederaufgebauten Teilen des Kaiserpalastes von Hue lassen sich Hochzeitspaare fotografieren.
Japanische Touristen warten auf die Abfahrt ihrer Fahrrad-Rikschas am Kaiserpalast von Hue
Japaner stehen auf Touren in Fahrrad-Rikschas, auch in Hue.

Das ganze Gelände ist riesig, 10 Kilometer Umfang. Wir haben fast den ganzen Tag dort verbracht. Leider gab es keine Imbissstände oder Restaurants, sodass wir uns mit hängendem Magen Richtung nächstes Shopping-Center schleppten – Food-Court! Dabei kamen wir durch die wenig prächtigen Quartiere der ehemaligen Untertanen und auch an einem Hausaltar vorbei, der fotografiert werden wollte.

Das Karaoke-Viertel von Hue
Wer gerne singt, findet in der Altstadt von Hue eine große Auswahl an Karaoke-Bars.

Essen für die tote Oma

Kaum abgedrückt, erschien ein älterer Herr und forderte uns stumm aber gestenreich auf, ihm ins Haus zu folgen. Dort saß die Familie um einen fast leer gegessenen Tisch und begrüßte uns wie die lange vermissten Neffen. Wir mussten sitzen machen und erstmal mit lauwarmem Dosenbier anstoßen (auf immer noch leeren Magen). Anlass der Feier war, wenn wir das richtig verstanden haben, der Todestag von Oma. Und in Anbetracht der leeren Bierdosen und des ebenso leeren Blicks einiger Teilnehmer gedachte man ihrer schon seit Stunden. Die herbeigerufene Tochter immerhin war noch nüchtern und des Englischen mächtig. Glaubte jedenfalls die Verwandtschaft, aber allzu weit reichten die Sprachkenntnisse nicht. Trotzdem hatten alle viel Spaß, vor allem an unserer Version des vietnamesischen „Prost“ (eins, zwei drei, Leben – mot, hai, ba, jo), und wir bekamen noch von den Essensresten angeboten. Lecker wie immer, und als Neuigkeit war eine Art Reistapete dabei: Farbe, Größe und Konsistenz von nassem Tempo, geschmacklich besser. Und das alles wegen eines Fotos.

Familienaltar vor dem Haus im Garten. Hue
Das Foto dieses Familienaltars brachte uns eine Einladung zur Ahnenverehrung ein.
Verschiedenfarbige Maulbeeren auf dem Markt
Keine Brom-, sondern Maulbeeren – gab's bislang noch nirgendwo zu essen, sondern nur auf dem Markt Hue.

Um die Huldigung der Monarchie würdig abzuschließen, schwangen wir uns am folgenden Tag auf Leihfahrräder des Hotels und strampelten ohne Gangschaltung sowie fast ohne Bremse zu den Kaisergräbern außerhalb der Stadt. Die Mitarbeiter waren rührend besorgt, wir könnten uns verfahren, nicht hin oder (noch schlimmer) zurück finden, und drückten uns extra eine große Karte der Gegend in die Hand, die aber kurz vor dem Ziel aufhörte. Außerdem mussten wir eine Visitenkarte des Hotels mitnehmen… War gar nicht nötig, Wulf navigiert ja fast überall ohne Hilfsmittel, auch durch den nervigen Stadtverkehr und über Stock und Stein.

Eins der Königsgräber bei Hue
Das sieht zwar aus wie das Kaisergrab von Hue, ist aber nur eine Fassade: Der teure Tote lag woanders, aus Sorge vor Grabräubern.

Flugbuchung mit Hindernissen

Neben kulturellen hatten wir in Hue auch Online-Erfahrungen, und zwar mit Vietnam Airlines. Die brachen einen Buchungsversuch mitten drin ab, der zweite schien dann Erfolg zu haben. Bloß eine Bestätigung per Mail kam nicht, sodass wir zum örtlichen Büro dackelten und uns eine ausdrucken ließen. Prompt trudelten am Abend zwei Bestätigungen für insgesamt vier Plätze ein. Bei allem Übergewicht, das war nun doch nicht nötig. Also wieder zum Schalter, wo die freundliche Dame ein Ticketpaar stornierte, unter Einbehaltung von knapp 30 Prozent Gebühren.

Merke: Wenn schon Vietnam Airlines, dann nur offline buchen. Von Qatar gibt es auch nix Gutes zu berichten: Die wollten, nachdem sie schon Bestätigung und e-Tickets zugeschickt hatten, noch Kopien des Reisepasses und der letzten Kreditkartenabrechnung. Sonst Storno. In Zukunft also immer dran denken, solche Dokumente vor der Reise aufs Handy zu laden! Oder nicht mit Qatar fliegen.

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