Reisbauern

Farblose Schmetterlinge im Regen

27.11.2013

Vorerst scheint der Weltuntergang verschoben: Es donnert nicht mehr und gießt nur noch in mitteleuropäischen Ausmaßen. Vorher wirkte es wie eine Übungsstunde für die Sintflut. Dass hier Regenzeit ist, war uns irgendwie entgangen. Bislang störte das Wetter auch nicht, es war halt bewölkt und nicht besonders heiß. Jetzt gießt es, aber das soll vorübergehen, glaubt der Wetterbericht.

Nun, es ging vorüber. Und dann kam der nächste Tag, da ging es kurz nach Mittag wieder los. Wir erreichten gerade noch das Ziel unseres Spaziergangs, wo es Essen und Getränke gab. Und dann auch ein Taxi. Es fuhr, als hätte es ein Känguruh gefrühstückt, brachte uns aber trotzdem leidlich trocken wieder ins Hotel. Dort freuen sich die Grillen so über den Regen, dass man Ohrstöpsel nehmen oder über den Nutzen von Insekten für die menschliche Ernährung nachdenken möchte. Die Tierchen schaffen Frequenzen, die wir in unserem Alter eigentlich gar nicht mehr hören können sollten.

Balinesische Landschaft mit Reisfeldern im Regen

Vorgestern war der Tag für balinesische Kunst. Ubud ist sowas wie Worpswede auf Ecstasy, seit Anfang der 20er Jahre ein paar europäische Maler herkamen. Die waren nicht nur begeistert von der Landschaft und den hübschen Jungs, sondern auch von der Kultur. Damit steckten sie dann unter anderem den lokalen König an, der das erste Museum baute. Jetzt gibt es in dem Örtchen mindestens fünf davon, dazu unzählige Galerien. Die meisten von denen verkaufen das Äquivalent von rassiger Zigeunerin und röhrendem Hirschen, aber es gibt auch ein paar Perlen. Etwa die Sachen von Madé und Arie Smit.

Balinesischer Junge, Gemälde von Arie Smit
Arie Smit hat's auch mit den niedlichen Jungs.

Dafür muss man dann schon richtig was hinblättern, ein kleiner Smit kostet mindestens 5000 US-Dollar. Wir haben uns lieber für zwei Stück homophile Popart von Symon entschieden.

Balinesischer Junge, Gemälde von SymonEin typischer Symon-Knabe Ein Gemälde des indonesischen Künstlers MadéMadé malt mittel-abstrakt.

Merkwürdig finde ich das Beharrungsvermögen der einheimischen Künstler. Viele malten auch in den 1970er- und -80er-Jahren noch wie ihre Vorgänger 100 Jahre früher: völlig überfüllte Gemälde mit Themen aus dem Ramayanar und anderen indischen Epen. So ähnlich haben es die Europäer ja jahrhundertelang mit christlichen Geschichten gehalten: War alles schon gemalt, nur noch nicht von allen. Weitere Parallele: die Abwesenheit von Perspektive. Nicht immer, aber oft. Und, was wirklich erstaunt: die farbliche Zurückhaltung. Schmetterlinge in Graugrün. Religiöse Zeremonien in Sepia auf Ocker. Vielleicht ist das die eigentliche Kunst hier, sich nicht von der bunten Wirklichkeit zu plattem Realismus verleiten zu lassen?

Farblose Schmetterlinge, balinesisches Gemälde aus dem 20. Jahrhundert

Ach ja, außer Kunst gibt es in Ubud auch noch jede Menge Esokram. Mitte finden und so. Wer mehr wissen will, sollte Eat, Pray, Love gucken (oder lesen, wenn Zeit keine Rolle spielt). Haben sicherlich viele der alleinreisenden mittelalten Weißen auch gemacht.

Anders als der Rest Indonesiens ist Bali hinduistisch (es gibt also problemlos Alkohol, und lustigerweise auch Rind im Restaurant). Offenbar prägt die Religion nicht jeden Aspekt des Alltags. Denn hier respektiert man, wie auch sonst in Südostasien, den öffentlichen Raum: Es gibt begrünte Mittelstreifen, wenn die Straßenbreite es zulässt, die Bürgersteige werden gefegt, es liegt kein Müll auf der Straße rum. Ganz anders als in Indien also, und mit Religion hat wohl weder die eine noch die andere Verhaltensweise etwas zu tun. Gleich ist hier wie da, dass menstruierende Frauen die Tempel nicht betreten dürfen. Da kommt einem das Christentum ja schon fast modern vor.

Motoradstau im Zentrum von Ubud, Bali
Ubuds mittäglichen Stau verursachen die zahlreichen Mopeds der Schüler:innen.

Morgen geht’s mit dem „Taxi“ nach Munduk, das liegt ziemlich in der Mitte von Bali. Nüscht wie Jejend, verspricht der Reiseführer. Mal schauen …

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