Gamelan instrumente

Allein zu zweit im Kulturtempel

5.12.2013

Jetzt ist mal Schluss mit der strengen Chronologie, sonst nerven wir Euch mit ewiglangen Bildungstexten. Die gibt’s nur häppchenweise, diesmal am Ende. Nach einer vierstündigen Autofahrt (160 km) sind wir für drei Tage im Osten an der Küste von Bali angekommen. Ein sündhaft schönes Hotelchen in Candidasa, Frühstück auf der eigenen Terrasse, ein Swimmingpool zum Schwimmen, nicht nur Dümpeln, und direkter Zugang zum Meer. Ach, was ist Nebensaison schön.

Aber natürlich muss auch was besichtigt werden, und Tempel sind hier etwas rarer. Also haben wir uns Räder gemietet und sind nach Tenganan gefahren, milde bergauf und verkehrsarm. In diesem Ort leben noch rund 500 Aga, das ist die Urbevölkerung von Bali. Gegen eine obligatorische freiwillige Spende darf man den Ort besuchen. Die Leute da leben auch ohne dieses Geld gut, weil sie ihre Äcker an balinesische Reisbauern verpachten.

Traditionelles Steinhaus in Tenganan, Bali
Steinhäuser sind sonst selten, in Tenganan aber typisch.

Selbst widmen sie sich in erster Linie dem Weben, und zwar mit musterhaft gefärbten Querfäden. Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: Die Querfäden werden vor dem Weben so eingefärbt, dass sich in Kombination mit den Längsfäden das gesamte Muster des Gewebten ergibt. Die entstehenden Stoffe sollen magische Eigenschaften haben, und in Tenganan gibt es praktisch kein Haus, in dem man sie nicht kaufen könnte. Das ist aber, da ja ein sicheres Einkommen aus der Pacht fließt, nicht mit Nerverei für die Besucher verbunden. Zweite Kunsthandwerksdomäne sind bemalte Palmblätter, davon hatten wir es ja schon. Diesmal sprach uns einer der Ritzer an, der was ganz Eigenes machte: Gebäude. Mit Perspektive, was ja sonst verpönt, weil nicht traditionell ist. Er sagte denn auch, dass er nicht dasselbe produzieren wolle wie alle anderen. Die Perspektive hat er sich von Engländern erklären lassen, das Zeichnen der Treppen von Holländern. Das ist doch mal sinnvolle Globalisierung.

Eiergeschmückter Kaktus in Tenganan, Bali
Neben Weben und Palmblatt-Zeichnen kultiviert man das Bemalen von Eiern. Hier ein Werbeaufsteller.

Und dann sprach uns der junge Mann mit Kind auf dem Arm an, zunächst das ganz Übliche „where’re you from“. Unüblich schleppte er uns anschließend mit in sein Wohnhaus, stellte seinen korbflechtenden Vater vor und erzählte von den Bienen. Die leben in zylinderförmigen hohlen Holz- oder Bambusstücken. Diese „Stöcke“ hängen wie im türkischen Film Bal in den Bäumen. Allerdings nicht so hoch wie dort, man muss sich also beim Ernten nicht zu Tode stürzen. Es gibt echten Honig, zum Beispiel aus Mangoblüten, und „schwarzen“. Der schmeckt süß-säuerlich und wird von Mini-Bienen produziert, bei dem anderen schmeckt man Mango. Dieser schwarze Honig gilt als Medizin.

Selbstgebauter Bienenstock aus einem Baumstamm
Das blaue Ding ist ein balinesischer Bienenstock.
Im Baumstamm lebende Wildbienen
Mit etwas gutem Willen sieht man auch die Bienen.

Als Medizin gelten auch unreife Ananas, erzählte der junge Mann, der nicht nur Bienen, sondern auch das Obst anbaut. Dabei handelt es sich aber um „bad medicine“: Das noch grüne Obst wird in Bali bei unerwünschten Schwangerschaften verabreicht. Ob’s hilft?

Touristen interessiert Gamelan nicht

Für den Abend hatten wir uns von einem charmanten Kellner zum Besuch einer balinesischen Tanzvorführung überreden lassen. Damit war er der erfolgreichste Werber, denn außer uns war niemand gekommen. Wir hatten also ein 14-köpfiges Gamelan-Orchester und etwa genauso viele Tänzerinnen ganz für uns. Wie in einem US-Film aus den 60er durften wir auch noch am Platz dinieren: Das Essen kam aus dem Restaurant nebenan. Die Damen also tanzten und die Herren spielten 90 Minuten nur für uns, in den letzten zehn mussten wir mitmachen. So hatte es auch was Gutes, dass nicht noch mehr Leute gekommen waren.

Balinesische Tänzerin Wulf tanztGrazile und etwas weniger grazile Tänzer

Diese Tanzerei ist einerseits klasse, weil die Damen eine enorme Körperbeherrschung haben. Andererseits kommt es mir ein bisschen wie Barockoper vor. Dort wird jede Zeile mindestens fünfmal gesungen, hier jede Bewegung ebenso oft getanzt. Oder mir entgehen die feinen Unterschiede… Die Musik wirkt auf mich etwas eintönig, was an der sparsamen Instrumentierung liegen mag: Xylophon, Metallophon (heißt vermutlich anders, eben mit Metall statt Holz), Gongs, Trommeln und eine kaum hörbare Flöte. Außerdem folgen die Töne einer 12-Ton-Harmonie, sagt man. Es war ziemlich laut, ich möchte mich da nicht festlegen. Jedenfalls eine interessante Erfahrung, und darum geht’s ja.

Bildungsprogramm von Balis Nordküste:

Drei Tage im Nordosten am Meer: viel Sonne, kein Regen, richtiges Tropengefühl. Hier ist die Nebensaison noch mehr neben als in Ubud. In unserem Vier-Bungalow-Hotel waren wir die einzigen Gäste, mittags in jedem Restaurant auch. Der Strand ist lang und leer, einmal sahen wir ein einzelnes Schnorchlerpaar. Später haben wir uns auch mal ins Meer geworfen – hinsichtlich Temperatur und Wellengang hat es eher Badewannenqualität.

Besser als Badewanne wird es, wenn man durch das blitzklare Wasser nach unten guckt. Da wachsen seit dem Jahr 2000 die Korallen nach, wofür man ihnen extra Unterlagen aus Draht und Beton bereitstellt. Bis dahin waren sie durch El Niño, La Niña und ahnungslose/gierige Restaurants völlig zerstört worden. Bilder von der Neuansiedlung haben wir leider nicht, das iPhone ist nicht wasserdicht. Hier und hier finden sich mehr Infos über dieses marine Wiederaufforstungsprojekt und auch ein paar Fotos. Übrigens stehen die Gerüste unter Schwachstrom, das beschleunigt das Korallenwachstum.

Was die Restaurants mit dem Ende der Korallen zu tun haben, erzählte uns der Führer unseres zweieinhalbstündigen Spaziergangs durch den Nationalpark. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, was nicht ganz einfach war: Korallen leben in Symbiose mit Fischen und einer bestimmten Muschelart. Die kümmert sich um das Temperieren des Wassers und verarbeitet die Ausscheidungen der Korallen (oder umgekehrt?). Jedenfalls verkauften Restaurants mit viel Erfolg diese Muscheln, was die Korallen unglücklich machte. Außerdem wurden sie in Brennöfen zu Kalk für das Bauwesen verarbeitet. Und schließlich schaden auch von Menschen gefütterte Fische: Sie haben keinen Hunger auf Algen mehr, sodass die Korallen nach und nach von denen überwuchert werden. Wie und wodurch auch immer: In Pemuteran waren die Korallen weg und jetzt kommen sie dank der Aufforstungsmaßnahmen langsam zurück.

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