Strasse in hanoi altstadt

Hanoi zum Letzten – auf Wiedersehen Vietnam!

1.4.2015

Neben Mausoleum und Museen ist Hanoi vor allem wegen seiner Altstadt berühmt. Die hat nichts mit dem zu tun, was man in Europa unter einem niedlichen Stadtkern versteht, abgesehen von schmalen Straßen und Touristen auf der Suche nach dem Echten. Angelegt wurden die Gassen hier einmal quasi als Verlängerung von Dörfern, die sich auf bestimmte Produkte spezialisiert hatten. Es gab unter anderem eine Straße der Seidenmacher, eine der Keramikhersteller und eine der Messerproduzenten, wo man die jeweiligen Produkte der zugehörigen Dörfer kaufen konnte. Von den alten Häusern sind nur noch wenige erhalten, und auch die strenge Zuordnung von Produkten zu Straßen ist nur noch an einigen Stellen zu erahnen. Das ganze Gebiet ist Weltkulturerbe, und die Franzosen haben ein paar Häuser exemplarisch wieder hergestellt. Der Rest befindet sich in verschiedenen Phasen des Verfalls und der Erneuerung.

Alte und moderne Gebäude in der Altstadt von Hanoi

In den Gassen geht es extrem wuselig zu. Zweifelhaft allerdings, ob das auch ohne die Touristen so wäre, denn das Angebot ist fast nur auf sie zugeschnitten: Hotels, Restaurants, Läden für Souvenirs, Reisegepäck und Klamotten. Sowohl die Rucksäcke als auch ein Großteil der Kleidungsstücke tragen Markennamen, kosten aber nur ein Drittel bis die Hälfte des offiziellen Preises. Wir sind uns immer noch unschlüssig, ob es sich dabei einfach um Fälschungen handelt oder ob die Stücke aus der hiesigen Produktion abgezweigt werden. Diese Variante hat ein Manager von Fruit Of The Loom vorgeschlagen, der unter anderem für Vietnam zuständig ist. Angesichts der Massen an Adidas-Hemden und Northface-Teilen müssten da ganze Lastwagenladungen umverteilt werden.

Überbevölkertes Miethaus in der Nähe des Markts,
Hanoi
Neben dem großen Markt von Hanoi steht dieses Wohnhaus am Rand der Altstadt

Puppen, die auf dem Wasser tanzen

Eine der immer wieder beworbenen kulturellen Errungenschaften Vietnams ist das Wasserpuppentheater. Dabei bewegen hinter einem Vorhang verborgene Spieler mit Stangen und Wasserkraft Puppen in und auf einem Gewässer. In Hanoi gibt es mindestens zwei dieser Etablissements; eins ganz in der Nähe des Hotels schien nicht von Reisegruppen überrannt zu werden, sodass wir uns dafür entschieden. Die Vorführung dauert eine knappe Stunde, und das ist gut so. Eine originelle Kunstform, aber Themen und Darbietung sind arg traditionell. Fuchs jagt Enten, Bauern bestellen Reisfeld, vietnamesischer Held bringt siegreiches Schwert zurück. So was halt. Dazu Musik und Gesang, vorgetragen von Leuten, denen man die Langeweile angesichts von täglich zwei bis drei Auftritten deutlich anmerkt. Bei uns wird auswärtigen Besuchern Schuhplattler als typisch deutsches Kulturgut präsentiert, hier eben Wasserpuppentheater. In beiden Fällen darf man Zweifel haben, was daran noch typisch sein mag.

Szene aus der Aufführung eines Wasserpuppentheaters,
Hanoi
Der „Tanz der Elfen“ im Wasserpuppentheater von Hanoi

Dass dieses Land irgendwie sozialistisch sein könnte, merkt man als Tourist nur an wenigem: Propagandaplakate, kaum Begeisterung für Religionen, Frauen auf allen möglichen Arbeitsplätzen und Abwesenheit von Bettlern. Letztere sprang uns erst so richtig in Bangkok in die Augen. Im reicheren und sehr kapitalistischen Thailand ist es sauberer, leiser (kein Gehupe!), und überall auf den Straßen sieht man Bettler. Ob das ein kulturelles Phänomen ist, vielleicht buddhistischer Freigebigkeit geschuldet, oder ein wirtschaftliches – keine Ahnung. Vietnam soll jedenfalls keine Arbeitslosen- und Rentenversicherung kennen (wohl aber Gesundheits- und Bildungswesen). Weshalb die Familie stark zusammenhält: Die Kinder müssen irgendwann ihre Eltern versorgen. Schwule und lesbische Kinder haben da einen schweren Stand. Die Rezeptionistin im Hotel meinte dazu: „Sie müssen in die Stadt gehen, nach Saigon oder Hanoi. In der Nähe der Familie, das geht gar nicht.”

Wir hatten jedenfalls eine prima Zeit und vor allem prima Klima. War zwar lange, aber es gibt noch genug wegzugucken. Also werden wir wohl noch mal kommen. Das zentrale Hochland zum Beispiel wartet noch…

Blick auf die Reisfelder bei Mai Chau, Vietnam

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