Wandbild in leon

Nicaragua für Touristen: Stadt und Land

19.8.2014

Tourismus soll Geld in den Staatshaushalt Nicaraguas spülen und wird folglich gefördert. Deshalb bekommen wir nicht nur Projekte und Revolutionsmuseen zu sehen, sondern auch klassische Ziele für Reisende. Von Granada, der reichen Stadt des Bürgertums, war schon die Rede. Zu San Rafael del Sur, wo wir haufenweise Projekte besichtigten, gehören auch zwei Badeorte an der Pazifikküste. Von ausländischen Touristen ist dort noch wenig zu sehen. Angesichts des recht rustikalen Hotels, in dem wir untergebracht waren, kaum verwunderlich. Bislang kommen wohl hauptsächlich inländische Tagesbesucher, denen der Strand und die Bierversorgung via Restaurant reichen.

Wandbild 1958 für ermordete Studenten.
León
1958 erschoss die Nationalgarde Nicaraguas in León vier Studenten während einer Demonstration für höhere Bildungsausgaben.

Von dort ging es nach León, die nächste größere Stadt. Eine der Hochburgen der sandinistischen Revolution, dort spielte auch Peter Lilienthals Film „Der Aufstand“. Heute ist es eine quirlige Unistadt voller Restaurants und Kneipen, ähnlich hübsch wie Granada, aber weniger schick. Bei „Stadt“ darf man übrigens nicht an die bei uns üblichen drei- bis fünfstöckigen Häuser denken: Wegen der Erdbeben und des quasi unbegrenzten Platzes baut man hier in der Regel höchstens eine Etage aufs Erdgeschoss. Nur die Kirchen sind, natürlich, höher. Neben der Stadtbesichtigung, die im wesentlichen stationär verlief, weil der Führer ausführlichst das Attentat auf Somoza-Senior schildern musste, hatten wir ein Treffen mit den „Madres de héroes y martires“. Das war eine der wenigen Situationen, in denen Nicaraguënser kurz und auf den Punkt erzählten. Die beiden alten Damen hatten mehrere Kinder vor und in der Revolution verloren, und nach ihrer Schilderung war die somozistische Nationalgarde damals wahllos gegen alles vorgegangen, was jung und möglicherweise gebildet war. Bei dem Treffen fiel Revolutionsromantik aus, sie betonten aber immer wieder, dass niemand in Nicaragua jemals wieder Bürgerkrieg wolle. Dasselbe sagte später der Stadtführer in Estelí: In seiner Familie hatten einige für Somoza, andere für die Sandinisten gekämpft.

Zwei „Madres de héroes y martires“, León
Die beiden Damen berichteten eindrücklich von den Gräueln des Bürgerkriegs.
Blick von oben über León
Blick von der Kathedrale in die Straßen von León.

Alltag und Wandbilder in Estelí

Estelí hat wie Granada und León um die 140.000 Einwohner, aber keine besonderen Sehenswürdigkeiten. Also eigentlich der ideale Ort für ein paar Tage, aber wir hatten nur einen. Das Museum, anscheinend ein Ein-Frau-Betrieb, lohnt sich unbedingt, weil es sehr konzentriert das Lokale präsentiert und in einem hübschen modernen Gebäude untergebracht ist. Zu sehen sind Felsritzzeichnungen (Petroglyphen), ein bisschen lokale Kunst, alte Fotos der Stadt vor der fast kompletten Zerstörung durch Somozas Nationalgarde und ein bisschen Revolutionsgeschichte. Immer noch berühmt ist Estelí wegen der zahlreichen Wandbilder. Die meisten stammen aus der Revolutionszeit und thematisieren sie, einige neuere sind religiös oder Graffiti-Kunst. Auch auf Geschäftsleute färbt die Malbegeisterung ab, sodass etliche ihr Gewerbe per Gemälde an der Fassade bewerben.

Betonskulpturen von Tomás Borge und Carlos Fonséca auf dem Zentralplatz von Matagalpa Sandino in güldenem Betonguss, Matagalpa
Sandino (rechts) und seine beiden Nachfolger Borges und Fonséca, jeweils in Beton. Fonséca war einer der Gründer der FSLN.

Ein besonderes Faible haben sie hier (wie übrigens auch in Bali) für eigenwillige Betonskulpturen. Meist sind es Helden der Revolution, es finden sich aber auch stillende Mütter, Marktfrauen und Gemüse.

Ein Maiskolben als Betonskulptur in Juigalpa Betonskulptur einer stillenden Mutter, Juigalpa

Wie es sich für ein erzreligiöses Land gehört, stehen auch Beton-Jesusse, -Päpste und -Heilige überall herum, aber das ist ein anderes Thema.

Regen-Wasserfall im Hotel, León
Das Fallrohr des Hotels in Léon konnte der Wassermassen kaum Herr werden.

Basic-Urlaub in den Bergen

Da hier nur rund sechs Millionen Leute leben, ist es außerhalb der Städte recht leer. Das lässt mehr Platz für Natur, die sich fast überall üppig breitmacht. Einen ersten Eindruck bekamen wir im Norden, in der Nähe von Matagalpa, wo unser Reiseführer eine Finca mit Beherbergung betreibt. Strom kommt aus dem eigenen Wasserkraftwerk und wird deshalb nur sparsam genutzt (kein Fön, was bei unserer Haartracht nicht stört). Scheint die Sonne, gibt es warmes Wasser zum Duschen. Die Sonne schien und scheint aber nicht mehr so recht. Schließlich ist Regenzeit, und die hat sich jetzt endlich auf ihre Aufgabe besonnen. Jedenfalls ging es im dortigen Dschungel zwischen Bäumen, Helikonien und Schlingpflanzen recht schlammig zu. Zu sehen gab es unter anderem etliche riesige blaue Schmetterlinge – kein Foto, weil zu unstet. Die Termitenbauten, die hier an den Bäumen kleben, hielten still, die alte Haut einer Zikade auch.

Hülle einer Zikade nach dem Schlüpfen, Nationalpark Nicaragua Termitenbau in einem Baum, Nationalpark Nicaragua

Morgen ist offizielles Ende der Reise. Wir beide bleiben noch zwei Tage in Granada , bevor es weiter geht nach Miami. Da findet sich dann hoffentlich Zeit für ein paar weitere touristische Eindrücke.

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