Brand in butrint

In Butrint wird es zu heiß

24.9.2023

In diesem Jahr soll der Tourismus in Albanien neue Rekorde gebrochen haben, da viele Italiener auf der anderen Seite des Mittelmeers einkehrten – ihnen war es zu Hause zu teuer. Hauptziel der Besucher ist, wie wir jetzt erfahren, der Strand. Und da der hier genauso zugerichtet ist wie in Spanien, Italien, Frankreich, der Dominikanischen Republik, und Kroatien, bleibt nur der Preis als entscheidendes Argument, nach Albanien zu fahren.

Noch. Blöd sind sie hier auch nicht, und so zahlen die Kunden am Meer jetzt schon höhere Preise als im Inland, teils das Doppelte. Auf die Löhne und Gehälter hat das vermutlich keine Auswirkungen. In Korçë erzählte uns der Kellner eines Cafés, er komme auf rund acht Euro – pro Tag. Eine Kugel Eis kostet rund einen Euro, ein frisch gepresster O-Saft am Strand fünf, im Inland drei Euro.

Strand bei Ksamil
Einer der Strände von Ksamil. Könnte aber auch irgendwo anders sein.

Ganz im Süden des Landes liegt die Halbinsel von Butrint mit der gleichnamigen Ausgrabungsstätte. Knapp 20 Kilometer nördlich davon heißt Sarandë Badegäste energisch willkommen, und zwischen dort und Butrint hat sich das angeblich mal versteckt gelegene Ksamil zum Mini-Torremolinos entwickelt. Was soll man sagen, offenbar gefällt es vielen, den ganzen Tag am Strand zu liegen, beschallt von den schlechtesten Songs der 70er, 80er und 90er.

Zwischendurch auf eine Portion Pommes oder eine mittelgute Pizza an den Kiosk. Abends dann noch mehr Mucke in der Disco, und am nächsten Morgen beginnt das Programm von vorn. Ob sich das nun in Sarandë oder sonst wo abspielt, ist herzlich egal, denn diese Orte sind komplett austauschbar, einschließlich Autostau und grauenhafter Architektur. Diese Stelle missfiel offenbar dem Weltgeist…

Von den Badeorten aus führt vielleicht auch mal eine Tour nach Gjirokastra oder eben nach Butrint. Letzteres ist weniger überlaufen, vermutlich, weil es nicht so offensichtlich Spektakuläre zu sehen gibt und das auch noch weit auseinander liegt. Oder, wie es ein genialer Google-Rezensent formuliert: „Da liegen ja nur Trümmer.“ Die ganze Halbinsel ist knapp 500 mal 500 Meter groß und war über Jahrtausende eine wichtige Stadt: Die Griechen bauten eine Akropolis, die Römer wollten es zu einer Kolonie für verdiente Soldaten machen.

Amphitheater in Butrint
Das Theater von Butrint gehört zu den am Besten erhaltenen Gebäuden, es wurde wohl auch teilweise repariert.

Der Ort entwickelte sich zu einem wichtigen Hafen, aber es ist unklar, ob ihn die Byzantiner oder die Slawen beherrschten. Anfang des 14. Jahrhunderts kaufen die Venezianer das Gebiet zusammen mit dem gegenüberliegenden Korfu, und 1799 eroberte es ein osmanischer Pascha. 1912 folgte die albanische Unabhängigkeit, dann eine neue italienische Besatzung und wieder die albanische Unabhängigkeit.

Tier auf dem Löwentor von Butrint, das wie ein Wildschwein aussieht Ganz Butrint ist UNESCO-Weltkulturerbe. Die albanische 2000-Lek-Banknote zeigt das Theater, ursprünglich gebaut von den Griechen, die auch eine Akropolis errichteten. Von den Römern sind ein Brunnenheiligtum und Grundmauern einer Villa übrig geblieben, vom Pascha Befestigungsanlagen und ein Löwentor. Es heißt so, weil dort eins dieser Tiere angebracht ist, die Berliner mit einem „Löwen“ verwechseln könnten. (Auf der Erklärungstafel heißt es, man sehe einen Löwen, der einen Stierkopf verspeise.)

Basilika in Butrint
Der Basilika von Butrint ist seit dem 6. Jahrhundert das Dach abhandengekommen, aber sonst ist sie noch erstaunlich intakt.

Als Bauwerke der frühen Christen finden sich Reste eines Baptisteriums sowie eine Basilika und von den Venezianern eine kleine Burg. Die sieht wesentlich perfekter aus als der Rest, weil die Italiener sie kurzerhand in den 1930er-Jahren ganz neu aufgebaut haben. Im Keller dieser Festung liegt ein kleines Museum, das die Geschichte Butrints durch die Jahrhunderte erzählt.

Man kann hier zwei, drei Stunden verbringen, und je weiter weg vom Eingang, desto einsamer sein. Einige der Ruinen sind erstaunlich gut erhalten, etwa das Theater samt Umgebung und die Befestigungsanlagen. Anderswo sind nur noch Grundmauern erhalten, dort braucht es viel Vorstellungskraft und guten Willen, um etwa eine Villa zu erkennen.

Bucht von Butrint
Zwischen Butrint und dem nächsten Stück Albanien liegt ein schmaler Streifen Wasser…

Weil wir nicht in den unsäglichen Badeorten wohnen wollten, hatten wir uns direkt neben dem Eingang zum archäologischen Park im Hotel einquartiert. Praktisch und abends sehr idyllisch, wenn auch etwas beschränkt hinsichtlich des gastronomischen Angebots – das Hotel ist weit und breit die einzige Essensquelle. Dem Weltgeist passte das jedoch nicht, weshalb er am zweiten Abend das gegenüberliegende Ufer in Brand setzte.

In der Nacht lodernde Flammen sehen in der Tagesschau beruhigend weit weg aus. Liegt zwischen einem selbst und dem Feuer nur ein schmaler Streifen Wasser, beginnt die Luft nachdrücklich nach Rauch zu riechen und ist das eigene Hotel von Bäumen umzingelt, kann sich schon etwas Unruhe einschleichen. Wir wechselten also kurzerhand für zwei Nächte das Quartier und zogen in das – zu viel Beton – vor Bränden vermutlich sichere Sarandë. Danke, Weltgeist!

Brand in der Bucht von Butrint
…Und zwei Abende später brannte das gegenüberliegende Ufer.

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