Buddha mit geldscheinen

China: der Nachschlag

3.5.2017

Neben den großen Sehenswürdigkeiten sind es in China viele Kleinigkeiten des Alltags, die auffallen, gefallen und manchmal irritieren.

Kehrwoche auf chinesisch

Ständig putzt irgendjemand irgendetwas. Ein Mönch im Tempel puschelt nachlässig und wenig effizient herum; im Park fegt jemand die alten Blätter mit einem Reisigbesen weg und auf der Straße sammelt eine Fachkraft vom Elektromobil aus Kippen mit einer Greifzange ein. Einzeln. Die Wände der U-Bahnhöfe werden ebenso ständig geputzt wird die Bahnsteige, das Dach des riesigen Theaters in Beijing und die Türme auf der Stadtmauer von Xian. Trotzdem liegt die Arbeitslosenquote in China bei 7 Prozent.

Moderne Kunst konzentriert

In den großen Museen von Shanghai und Beijing könnte man den Eindruck gewinnen, es gebe in China gar keine moderne Kunst. Doch beide Städte haben ehemalige Gewerbegebiete umgewidmet zu großen Spielflächen für Künstler, Galerien und Gastronomie. Im supermodernen Shanghai ist das M50-Gelände deutlich kleiner als das Areal um die Straße 798 im Nordosten Beijings. Dort kann man locker zwei Tage verbringen – schon deshalb, weil manche Galerie sich überaus zurückhaltend präsentiert. Es gilt also, immer mal an scheinbar verschlossenen Türen zu rütteln, um die Ecke zu gucken und merkwürdige Treppen hochzuklettern. Dann bekommt man allerhand Interessantes, Überraschendes und Schönes zu sehen. Und wie immer sind die Chancen dort hoch, jemanden mit Englisch-Kenntnissen zu treffen. Besonders überrascht waren wir von einer Ausstellung mit Gemälden, auf denen sich Paare in allen möglichen Kombinationen vergnügten. Auch das war nicht von Ai Wei Wei, weshalb es wie ja die gesamte zeitgenössische chinesische Kunst in deutschen Medien nicht vorkommt.

Was in China auf den Teller kommt

Mit dem chinesischen Essen in China verhält es sich so ähnlich wie mit dem vietnamesischen in Vietnam und dem türkischen in der Türkei: Was man anderswo davon geschmeckt hat, lohnt die Erinnerung nicht. Wenig überraschend. Erstaunlicher schon ist die Bereitschaft, in China wirklich alles zuzubereiten: Entenzungen, Seegurken, Haifischflossen, Schildkröten, Hühnerknorpel. Letztere servierte man, wie auch allerlei anderes Grillgut, auf Spießchen gesteckt in einem Freiluft-Imbiss in Xian. Sehr authentisch, das chinesische Publikum betrachtete intensiv die beiden Ausländer, die sich mit Stäbchen und Spießchen abmühten.

In einer Garküche in Beijing gab’s (nach Bild ausgesucht) sehr, sehr fetten Schweinebauch mit Wachteleiern (ganze) und Knoblauchzehen (auch ganze) sowie geknoteten Teppichstreifen. Jedenfalls sahen diese Dinger so aus, vermutlich waren es irgendwelche Innereien. Wer will das wirklich wissen, wir taten so, als ob es sich um ein nicht zum Essen bestimmtes Gewürz handelte. Peking-Ente (nicht „Beijing-Ente“) bekamen wir als Gruppenerlebnis. Das ist ein Do-it-yourself-Essen: Man taucht Entenscheiben in eine Soße und wickelt sie dann mit Frühlingszwiebeln und Sojasprossen in einen kleinen Pfannkuchen. Ein bisschen wie vietnamesische Frühlingsrollen. Lecker, aber aufwendig, und höchstens noch lauwarm, wenn die Rolle endlich im Mund landet.

Bestellt wird fast immer anhand einer Karte mit Bildchen und einer englischen Kurzbeschreibung des Gerichts. Die fällt mal so, mal so aus – Grünkohl etwa hieß „preserved vegetable“ (zum Glück kamen keine sauren Gurken). Und im sonst perfekten Hotel in Beijing hieß jedes dritte Gericht auf Englisch „Braised beef in vinegar“, bei komplett unterschiedlichen Fotos. Vermutlich hatte der Übersetzer keinen Bock mehr…

Vertikalgrün gegen Smog

Dass in Chinas Großstädten die Luft schlecht ist, wissen inzwischen alle. Haben wir zumindest in Shanghai (in Beijing blies der Wind) auch erfahren. Hierzulande gänzlich unbekannt sind hingegen die kleinteiligen Versuche, der schlechten Luft etwas entgegenzusetzen. In erster Linie ist das Straßenbegleitgrün: Auf dem Mittelstreifen der Autobahn, rechts und links an den Stadtstraßen und sogar an Pfeilern von Straßenbrücken wachsen vorbildlich ondulierte Grünpflanzen. Sogar Fahrradständer werden begrünt (oben), und in Shanghai verdeckt man Baustellen nicht hinter hässlichen Holzzäunen, sondern hinter aufwendigen Vertikalgrün-Konstruktionen. Viele öffentliche Plätze werden aufwendigst bepflanzt (saisonbedingt vor allem mit Stiefmütterchen), wobei die Pflanzen oft einfach in den Töpfen bleiben. Sind sie verblüht, kommen neue Töpfe in die Erde. Das schafft gleichzeitig Arbeitsplätze, und Arbeitslosigkeit will die KP nicht.

Künstliche Pflanzen für Vertikalbegrünung auf einem Markt. Shanghai Begrünte Fassade. Shanghai
Wand mit Blumen am Bund. Shanghai

Ähnliche Beiträge